Was eigentlich stören sollte, lässt kalt: das nennt man cool. Wer hingegen vorsichtshalber vor allem Angst hat, ist nicht abgeklärt, sondern uncool. Umgekehrt cool wiederum ist der Geisterfahrer, den es durchaus nicht stört, dass er andere stört.
Coolness besteht darin, von außen gestört zu werden, doch dank abgeklärter Haltung jede Irritation souverän zu vermeiden. Entscheidend ist also die äußere Störung und die innere Haltung, durch die Gelassenheit entsteht. Cool ist also der Philosoph, an dessen Hosenbeinen ein Kleinkind hochkrabbelt, wenn er dabei ungestört denkt und seine unvordenklich wichtigen Theorien ausarbeitet.
Vielleicht ist er auch nur gleichgültig gegenüber der Störung, nimmt sie nicht wahr und ist so schlicht indifferent. Das ist keine Coolness, da das ergreifsüchtige Störpotenzial in diesem Fall gar nicht ergreifsüchtig ist.
Auf verquere Weise bildet sich eine coole Haltung, wenn man selbst Anlass der Störung ist und sich nicht davon anfechten lässt, das Leben der Anderen unnötig schwer zu machen. Das Bewusstsein, die Mitmenschen in Mitleidenschaft zu ziehen, ist dann durchaus gegeben und hat auch eine Coolness-Funktion. Denn gerade durch dieses Wissen fühlt sich der Störer abgeklärt.
Das macht den Radfahrer unsympathisch, der auf der falschen Straßenseite im vollen Verkehr unterwegs ist und einen Blick aufsetzt, der jede Irritation ausschließt. Das Unfreundliche kommt dadurch zustande, dass der Geisterfahrer die Anfechtung für seine souveräne Haltung nutzt. Er braucht also die verärgerten Gesichter rings um sich, um sich davon gar nicht beeindrucken zu lassen. Anders ausgedrückt nutzt er den Ärger der Anderen, um sich unbeeindruckt zu geben. So kann er ein schönes Gefühl von Coolness kultivieren. Betriebsbedingung seiner Abgeklärtheit ist, dass er andere stört, davon angefochten wird, aber eben cool bleibt.
Man kann also einen unmöglichen Job im Vertrieb machen, wo fünf Telefone gleichzeitig klingeln, um gerade darin die eigene Ruhe zu empfinden. Das ist eine durchaus coole Strategie. Doch hat sich in der jüngsten Bewusstseinsgeschichte eine Haltung durchgesetzt, Anderen konsequent im Weg zu stehen, damit eben dadurch das Gefühl ruhiger Überlegenheit zustande kommt. Besonders junge Leute haben diese Neigung zur Blasiertheit und Dünkelhaftigkeit. Sie käfigen ihr gebührenpflichtiges Verhalten so ein, das Störende für Andere nicht an sich heran zu lassen, um dadurch Souveränitätsgefühle zu entwickeln.
Sebastian Knöpker