Wer die Phänomene intensiv belauscht, wird darauf stoßen, dass vieles von dem, was er erlebt, gar nicht in den sinnlichen Qualitäten gegeben ist. So etwas einfaches wie eine Melodie ist so mehr als die Folge einzelner Töne, weil die Melodie selbst in den Tönen und in ihrer Summe nicht enthalten ist.
Christian von Ehrenfels (1859-1932) hat in seinem Aufsatz „Über Gestaltqualitäten“ (1890) auf Basis einfacher Beobachtungen diese Figuren und Gestalten analytisch ausgewiesen. Anhand der Raumwahrnehmung und des musikalischen Hörens gelingt es ihm, die apperzeptiven Eigenschaften eines Ganzen gegenüber seinen phänomenalen Erscheinungsqualitäten auszuweisen.
Phänomenologisch vollzieht er dabei den Übergang von der reinen Beschreibung zur logischen Analyse der Phänomene. Das zu Beschreibende wird so rekonstruiert, das sinnlich nicht Erfassbare, welches das Phänomen erst ausmacht, logisch zu bestimmen. Logische Analyse und deskriptive Phänomenologie werden also so miteinander verbunden, das Erleben als Einheit von Gestalt und Erscheinungsqualitäten zu erfassen.
Christian von Ehrenfels: Über Gestaltqualitäten [PDF]