Die phänomenologische Beschreibung einer Landschaft als deskriptive Phänomenologie beschreibt nicht bloß die Tatsachen als Inventar. Sie geht darüber hinaus, weil im Auge des Betrachters die Tatsachen erst hervorgebracht werden. Man sieht also nicht Dinge und Konstellationen, sondern schafft sie in der Wahrnehmung.
Diese Gegenstandskonstitution fällt dann besonders ins Auge, wenn der Bezug auf die zu beschreibende Landschaft immer wieder wechselt. Als Soldat im Weltkrieg konnte Kurt Lewin diesen Wechsel anhand von Kriegsfront und sicheres Hinterland erleben und wenig später in einem Artikel für die Zeitschrift für angewandte Psychologie sprachlich fassen.
Bis heute sind deskiptive Strecken in der Phänomenologie selten; Brentano und Husserl verwendeten sie sehr sparsam und ihre Nachfolger wie Michel Henry so gut wie nie. Das eigentliche Fundament der Phänomenologie bleibt damit vage und eine lästige Pflichtübung. Tatsächlich kann es aber keine Phänomenologie ohne Beschreibung geben. Genetische und eidetische Phänomenologie bauen darauf auf und bleiben Trockenübungen, wenn die Deskription als Handwerk nicht geübt wird. Ein besonders guter Handwerker war in diesem Sinne Kurt Lewin, der mit seiner Kriegslandschaft vor hundert Jahren einen Maßstab für die deskriptive Phänomenologie gesetzt hat.
Kurt Lewin: Die Kriegslandschaft (PDF)