Es gibt Schmerzen, die so gering sind, dass es keinen Namen für sie gibt. Genauso gibt es Lüste, die so wenig Genuss sind, fast schon neutral zu sein. Die Lust am Funktionieren ist so eine geringfügige Freude, die dennoch viele Menschen bewegt und am Arbeiten hält.
Das Minimum als Maximum wird in der Lust am Funktionieren gelebt. Minimal ist die Lust, maximal die Motivation auch weiterhin gut zu funktionieren. So unaufdringlich wie die kleine Lust, in die Arbeitsabläufe gut hineinzupassen, so unaufdringlich ist auch der erfahrene Sinn dabei. Trotzdem mobilisiert die Lust am Funktionieren den Menschen stark. Der Lustcharakter wirkt so wie eine Arznei, die in kleinsten Dosen freigesetzt wird und doch von einer schlimmen Krankheit befreit, vom Nichtarbeiten und von der Faulheit.
Wer funktioniert, der erfreut sich an dem Gefühl, gut in den Gesamtrahmen hineinzupassen. Das ist ein angenehm tragendes Gefühl, dass dem Menschen Versicherung ist, am richtigen Ort zu sein. Es handelt sich also um eine Verkleinerung eines bereits kleinen Glücks, indem Sicherheit, Sinn und Lust miteinander kombiniert werden.
Diese minimale Lust rettet oft fade und eintönige Arbeiten. Denn wo sonst Langeweile oder sogar Quälerei wäre, stellt sich ein Hauch von Wohlgefallen ein. Wer so beispielsweise tausend Werbebriefe adressieren und frankieren muss, der kann sich in die Lust am Funktionieren gleiten lassen und wird von ihr getragen. Wohldosiert hat die Lust am Funktionieren also ihren hedonistischen Sinn.
Als schlaffe Leidenschaft kann sie aber auch den Menschen vollkommen beherrschen und Arbeit wie Partnerschaft, Hobbies und Urlaub nivellieren. Sie kann zur einzigen Lust werden und das Leben einpendeln, auf einen minimalen Genuss zu funktionieren. Man kann sich auf diese Weise schnell an die Verkleinerung der Lust gewöhnen und in ihren Kreisen sein Leben unauffällig herunterleben. In diesem Fall hat man Sinn und Lust, zwei Größen, die sonst nicht miteinander vereinbar sind, unter einen Hut gebracht. Die Lustdimension ist so wie der Sinn nahe an der Null, aber im Zusammenwirken zweier Beinahe-Nullen ergibt sich ein tragendes Gefühl.
Sebastian Knöpker