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Edmund Husserl: Die Monade

Monade bezeichnet nach Leibniz die Abgeschlossenheit einer Sphäre von allen anderen Welten und Sphären. Ein Subjekt ist demnach eine Welt ohne Fenster zu anderen Monaden. Dennoch ist es in der Lage, mit diesen Monaden in einen Austausch zu treten, weil es eine prästabilisierte Harmonie in sich trägt, also ein unvordenkliches Wissen aller anderen Monaden und deren Beziehungen untereinander.

Ohne weiter in die Details zu gehen, fällt die Hoffnungslosigkeit von Leibniz` Ansatz ins Auge, der mit der Konzeption der Monade das Leib-Seele – Problem umgehen wollte. Husserl hat nun aber die Monade wieder aufgenommen und in das Zentrum seiner Theorie von der Fremdwahrnehmung gerückt. Seine Monadologie bezieht sich jedoch zunächst nur auf die Konstitution des Fremden im Eigenen. Husserl interessiert sich dabei dafür, wie eine Konstitution von Welt und Mitmenschen konkret vollzogen wird.

Rein auf die Konstitutionslehre bezogen ist die Monade tatsächlich ein nahe liegendes Konzept, denn das Subjekt sieht, hört und riecht die Welt nicht, sondern erschafft sich notwendig in sich die Horizonte der Außenwelt. So gilt also, dass in der Sphäre des Subjektes (transzendentales Ego) die Horizonte des Nicht-Ich gesetzt werden.

Interessant wird das z.B. für die Phänomenologie der Psychopharmaka, weil durch bestimmte Drogen im Subjekt Sphären des Anderen synthetisiert werden. Meskalin kann so einen Eindruck von Gott konstituieren, der phänomenologisch nichts an Wirklichkeit zu wünschen übrig lässt. Das liegt daran, dass in diesem Fall passive Synthesen sich im Subjekt zu einem Kern eigenständiger Entität entwickeln. Das ähnelt psychopathologischen Phänomenen wie der multiplen Persönlichkeit. Aus phänomenologischer Sicht sind das nämlich Konstitutionsleistungen einer Monade, die in sich das Fremde als Subjekte im Subjekt tragen.

Auch unter hedonistischen Gesichtspunkten ist das interessant, weil die Synthese von Ich, Du, Wir, Gott etc. ganz klassische Lüste umfasst. Ein Wir-Erlebnis z.B. beim Singen im Chor besteht im Abbau des Ich und seiner aktiven Synthesen, zu dem der Aufbau eines Wir-Subjektes kommt, der aus passiven Synthesen besteht. Wer nicht nur ab und zu einmal einen solchen Übergang erleben will, der kann sich bei Husserl das theoretische Rüstzeug dafür beschaffen.

Die Frage nach dem Solipsismus ist dabei zunächst nicht von Bedeutung, da die Weise der Konstitution eines Wir keineswegs seinen ontologischen Status bestimmt. Die Monade, aufgefasst als phänomenologisches Konzept der Konstitution von Fremdhorizonten im transzendentalen Ego, ist nicht gleichbedeutend mit einer Monade ohne Fenster. Sie bezeichnet nur den Gang und Vollzug des Aufbaus des Fremden als Horizonte im Eigenen.

Text: Edmund Husserl, Cartesianische Meditationen §§ 42-45