Man kann einen Platz in der Welt haben, ohne überhaupt einen zu beanspruchen. Angler sind da aber von einer entschieden anderen Art: sie beanspruchen einen Platz in der Welt, bekommen ihn ohne Umstände, hören dann aber mit ihrem Anspruch einfach nicht mehr auf.
Der Unterschied zwischen Menschen, die einen Platz in der Welt einnehmen, ohne sich weiter dabei etwas zu denken, und solchen, die damit immer einen Anspruch auf genau diesen Ort zum Ausdruck bringen, lässt sich gut in einem Zug beobachten. Selbst ein übervoller Zug, in dem jeder ohne Anspruch seine Stelle im Raum-Zeit-Gefüge einnimmt, führt zu einer entspannten und oft angenehmen Atmosphäre.
Ein Zug aber, in dem lauter Menschen sitzen, die ja ein Recht haben, genau dort zu sein, wo sie sind, und dieses Recht auch jederzeit entschieden wahrnehmen, ist ein atmosphärisch gestörter Ort. Einfach nur da zu sein, kommt für diese erbitterten Krankstörer nicht in Frage: sie müssen ihren Anspruch auf ihre Gegenwart öffentlich zur Schau tragen.
Dieselbe Mauer der Feindseligkeit errichten auch gerne Angler. Sie können nicht einfach vor Ort zu sein, sie müssen einen Anspruch auf die Örtlichkeit stellen und diese auch rechtlich absichern. Sieht ein rechtmäßiger Angler einen Menschen am Flussufer sitzen und lesen, so fühlt er gleich eine heiße Ungerechtigkeit in sich aufsteigen: warum darf der da einfach so da sein, obwohl er keine Gebühr bezahlt, wenn der Angler selbst eine nicht unerhebliche Angeltaxe bezahlen muss? Auch der Gedanke, dass der Andere gar nicht angelt, hilft seinem Ärger nicht.
Der Angler hat seinen Grund vor Ort zu sein – das Angeln – ohne den er nirgendwo und an keinem Ort sein könnte. Er angelt, und damit erklärt sich seine Präsenz. Zudem hat er das Recht da zu sein, weil er dafür bezahlt hat und einen Angelschein als Zertifikat vorweisen kann. Und trotzdem kann er nicht loslassen – der Anspruch auf den Platz in der Welt macht einfach immer weiter.
Sebastian Knöpker