Apperzeption meint wörtlich Hinzuwahrnehmung. Sie bezeichnet den Auffassungscharakter der Wahrnehmung als etwas, das über die Perzeption hinausgeht. Eine einfache Berührung über das Furnier einer Tischplatte ist darin eine Hinzuwahrnehmung, scheinbar unmittelbar zu spüren, dass dieses Furnier nicht lange halten wird.
Das Unmittelbare besteht dabei in dem Mittelbaren, die eigene Erfahrung des bisherigen Umgangs mit Möbelfurnieren in der aktuellen Berührung mit einfließen zu lassen. Die schlechte Qualität wird also nicht unmittelbar wahrgenommen, sondern ist durch eine Einheit von der gesammelten Erfahrung mit dem aktuellen Eindruck als apperzeptive Produktion des wahrnehmenden und somit urteilenden Menschen hervorgebracht.
Apperzeption bezeichnet somit die Zusammenwirkung von Bildbewusstsein und Phantasie (im Falle des Furniers ist das die Erinnerung). Das unmittelbar Gegebene wird mit mittelbaren Erfahrungen zusammengebracht, so dass die Qualität des Möbelstücks gespürt wird. Apperzeption bezieht sich dabei auf den Vorgang selbst und ihr Produkt, die Synthese von Wahrnehmung, Erinnerung und Urteil.
G. W. F. Leibniz hat in seiner Monadenlehre die Unterscheidung von Perzeption und Apperzeption als erster explizit bezeichnet. Kants Apperzeptionslehre und später Husserls Begriff der Apperzeption haben sich davon je auf ihre Weise inspirieren lassen.
Karl Lange, ein Schüler Johann Friedrich Herbarts, hat in Über Apperzeption (1882) die Apperzeption als Grundlage für die Pädagogik entdeckt. Er gibt eine anschauliche Vorstellung von den Konstitutionsleistungen des Subjektes in der Wahrnehmung und ist darin ein konkreter Vordenker der Phänomenologie. Der theoretisch schillernde Begriff der Apperzeption erhält bei ihm eine Fundierung in einfachen Erfahrungen aus dem Alltag.
Karl Lange – Über Apperzeption [PDF]
aus: K. Lange, Über Apperzeption – eine psychologisch-pädagogische Monographie, 3. Aufl., 1889, Verlag F. E. Neupert, Plauen, S. 1 – 19