Der ernsthafte Lachanwärter lässt seine Muskeln beim Lachen so geschickt gegeneinander arbeiten, dass sie zur Lachmaterie werden. Das Zwerchfell und die Muskeln im Bauch- und Brustraum werden dadurch entschieden unsachlich, dass man sie rhythmisch anspannt und entspannt. Gefühle breiten sich aus, es wird lustig und man wird zur Lachröhre.
Kitzeln, Lachen und Weinen haben die Gemeinsamkeit, im Körper einen fein dosierten Widerstand aufzubauen. Bindegewebe, Sehnen, Muskeln arbeiten dabei stets genauso miteinander wie gegeneinander, um vom Ding unter Dingen zu Gefühlen zu werden. Als Ding ist der Körper zum Beispiel schwer, wird aber leicht beim Lachen, weil er darin von der Materie zum Gefühl übergeht.
Dieser Übergang lässt sich phänomenologisch beschreiben, auf eine Formel bringen und dann auf andere Praktiken übertragen. So nutzt Yoga dasselbe Muster, aus innerleiblichen Bewegungen und Widerständen Leichtigkeit zu gewinnen. Die Intuition spricht dabei eigentlich dagegen, weil man sich dabei anstrengen muss. Aber gerade in der Opposition der Muskeln zueinander steckt ein erfreulicher Gewinn.
Wer nun ganz darauf abonniert ist, in seinem Körper nur ein Stück Materie zu sehen, wird aber Schwierigkeiten haben, einen Zugang zum eigenen Leib zu gewinnen. Denn wie soll es gehen, dass gerade aus Anstrengung Anstrengungslosigkeit entsteht? Eine praktische Phänomenologie hat hier ihren Nutzen, weil sie zunächst nur beschreibt und die vielen Details immer weiter zu einem Prinzip verdichtet.
Nun ist ein groß angelegtes Lachmanöver ziemlich anstrengend und schon fast ein einvernehmlicher Krampf im Körper, aber es bringt aus dem Krafteinsatz einen Überschuss an Energie zustande. Diese Ökonomie der Verlustkraft, stark in Bewegungen und Berührungen der Muskeln untereinander zu investieren, um kurz darauf die physikalisch betrachtet vergeudete Kraft als Selbststeigerung in sich wiederzufinden, ist also keine Theorie. Sie redet nicht von obskuren Aeroquanten des Lachens, sondern besteht in der Verdichtung der eigenen Erfahrung.
Lachen, Yoga und sogar Bodybuilding bilden so eine Reihe. Denn Arnold Schwarzeneggers Erfahrung von „the Pump“ beim Bodybuilding als Ineinander von Weite, Leichtigkeit, Kraft und Macht findet sich in leichten Abwandlungen auch beim Lachen oder im Yoga. Immer geht es um einen Widerstand, der als Spiel von Hemmung und Enthemmung im Körper ohne Zutun des eigenen Ich vollzogen wird.
Eine Phänomenologie des Lachens bietet also eine Übersetzung von Körperpraktiken zwecks Gewinnung von Lebendigkeit und Lust. Es lassen sich Serien bilden, die demselben praktischen Prinzip folgen und entsprechend aufeinander übertragbar sind. Verbindungen ergeben sich, die sonst nicht gesehen werden, so z.B. in der Reihe „Singen – Sex – Rudern – Lachen“. Um diese Verbindung auch zu verwirklichen, braucht es eine begrifflicher Fassung, die das Praktische erst in das Abstrakte überführt, um es dann wieder in eine andere Praxis wieder lebendig werden zu lassen.
Sebastian Knöpker