Berühmt zu sein und Fans zu haben, hat den Nachteil, für die Dauer der Begegnung mit den Anhängern nicht mehr sich selbst zu gehören. Den der Fan stellt einen Eigentumsanspruch ans Idol, genießt seinen Besitz (Selfie, Umarmung, Lächeln links, Lächeln rechts) und lässt den Star erst danach wieder frei.
Ein bekanntes Gesicht, ein Fußballer, hat das Problem, mehrmals am Tag nicht mehr sich selbst zu gehören. Die Fans wollen mit ihm im Supermarkt über das letzte Spiel reden, über sein Privatleben, über seine Schuhgröße. Der Eigentumsanspruch ist zwar absurd, wird aber als selbstverständlich gehandelt. Deswegen fügen sich die meisten Fußballer, verhalten sich wie ein Profi und geben klein bei.
Eigentumsansprüche lassen sich phänomenologisch leicht im Umgang mit Haustieren beobachten. Der Hund will besessen und nicht nur beherrscht werden. Die Katze will weder beherrscht, noch besessen werden, aber von Zeit den Besitzer besitzen. Sie stellt den Eigentumsanspruch so wie sich ein Naturgesetz verhält: Widerspruch zwecklos.
Das erinnert an den Umgang der Menschen untereinander, geht es um die Liebe. Sie ist ein Gefühl, das eine Zeit lang andauert und dann oft aus die Weise aufhört, in einen Eigentumsanspruch an den Anderen überzugehen. Erst wenn diese Eigentumsphase dann beendet ist, kann man wieder auseinander gehen – doch nicht vorher. Aus diesem Grund ist der Begriff „Beziehung“ auch so belastet. Denn es macht keinen Spaß, noch weiter zusammen zu sein, nur weil ein fingierter Anspruch abgelebt werden muss, auf dass dieser dann auch noch vorübergeht.
Wer weder ein Star, noch verliebt ist oder ein Haustier hat, kann sich ab und zu fremden Eigentumsansprüchen in der Rolle des Kunden aussetzen. Manchmal gehört der Kunde für die Dauer des Einkaufs dem Verkäufer, der noch schnell das Leben des Kunden verbessern will. Das Phänomen ist bei Läden für Gebrauchtwaren weit verbreitet, in denen freiwillig alte Damen aus Menschenliebe arbeiten.
Diese verströmen Freundlichkeit in Verschmelzung mit Zudringlichkeit, so eben kurz mal in das Leben des Kunden einzudringen. Eigentlich will man nur ein zwölfteiliges Teeservice kaufen, und dabei passiert es dann: man wird von der freundlichen Dame besessen, kann sich nicht dagegen werden und kommt erst wieder in sicheren Selbstbesitz, wenn man aus dem Laden herausgegangen ist.
Sebastian Knöpker