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Phänomenalität

Phänomenalität meint das Erscheinen seiner selbst als Erlebnis. Es bezeichnet nicht dieses oder jenes Erlebnis, sondern die Erlebnishaftigkeit des Erlebens. In der Phänomenalität geht es um das Selbstverhältnis, das die Selbstpräsenz des Phänomens hervorbringt. Phänomenalität bezeichnet also Selbstpräsenz.

Phänomenalität gibt in der Phänomenologie der Tatsache einen Namen, dass ein Phänomen sich selbst gegeben ist und also die Weise der Erscheinung des Phänomens ausmacht. Das Sich-Erscheinen ist nicht von den Inhalten der jeweiligen Erscheinung bestimmt. Die Evidenz des Erscheinungsgehaltes macht sie also nicht aus, da umgekehrt die Phänomenalität die Evidenz des konkret Gegebenen bestimmt. Das Unbezweifelbare an einem Phänomen, erscheint es sich selbst, ist somit nicht, dass darin ein Etwas erscheint, sondern dass es sich selbst gegeben ist.

Eine Wasserpfütze hat keine Selbstpräsenz, während meine Wahrnehmung der Wasserpfütze als Mensch Phänomenalität aufweist. Denn in ihr ist sich das Wahrgenommene selbst präsent (bewusst). So besitzt auch die Vorstellung von mir, der Schönste und Klügste zu sein, Selbstpräsenz, besteht damit in Phänomenalität, während sie vom Urteil her falsch ist.

Phänomenalität ist somit ein ontologischer Begriff: er bezeichnet das von keinen äußeren Kriterien bestimmte Dasein des betreffenden Phänomens. Anders ausgedrückt gibt es auf der Ebene der Phänomenalität keine falschen Phänomene, sondern nur existierende oder nicht existierende.

Die Phänomenalität definiert die Phänomenologie als eigenständige Wissenschaft, da nur in ihr Phänomenalität zum Thema gemacht wird. Die Phänomenologie zeichnet sich dadurch aus, nicht die Erscheinungsgehalte oder nur die Akte der Phänomenalisierung, sondern das Sich-Gegebensein der Phänomene als solche zu thematisieren.

In der Phänomenalität steckt das Absolute des Gegebenen, das jedoch nicht als Evidenz begrifflich gedoppelt werden darf, da Evidenz als Begriff einfach Phänomenalität bezeichnet. Das zu Klärende (Phänomenalität) darf also nicht durch eine andere Bezeichnung seiner selbst (Evidenz) erklärt werden.

Der Begriff der Phänomenalität bezeichnet zusammengefasst die Selbstaffektion, in der sich etwas selbst erscheint. Das Movens als effektiver Antrieb dieser Selbstaffektion ist die Affektivität. Wenn gilt Selbstaffektion = Affektivität, dann bestimmt die Phänomenalität das im Phänomen Erscheinende wesentlich. Denn wenn Gefühle das Sich-Erscheinen ins Werk setzen, so ist auch der harmloseste Inhalt der Erscheinung von diesem Gefühl mitbestimmt. Auf diese Weise öffnet der Begriff der Phänomenalität einen Horizont, Phänomene zu thematisieren, nämlich von ihrer Art her, sich selbst zu erscheinen. [Quellen: P. Maine de Biran (Von der unmittelbaren Apperzeption), G. Fichte (Anweisung zum seligen Leben), M. Henry (L’essence de la manifestation).]

Sebastian Knöpker