Türkische Supermärkte erinnern an ein Bundeswehrdepot für Nahrungsmittel. Besonders beliebt sind sie deswegen in der Prepper- und Bunkerszene. Die meisten Artikel sind sehr lange haltbar, für die Ewigkeit eingedost und also erste Wahl für Endzeitkunden.
Die türkischen Kunden selbst haben eine Abneigung gegen latente Fehlinvestitionen – deswegen muss alles so lange halten. Das Angebot ist nicht nur mindestens zehn Jahre haltbar, es scheint auch schon so lange da zu liegen.
Der Grund für diese konservative Konservenkultur liegt auch im Heimatland. Supermärkte in der Türkei werden bis heute oft mit LKWs beliefert, die mit Lebensmitteln auf offener Ladefläche vorfahren, d.h. den Transport erst einmal überleben müssen. Bei der Beladung wird alles auf einen Haufen geworfen und dann mit viel Gewalt festgezurrt.
Dass die türkischen Supermärkte in Deutschland das nicht machen, spielt keine Rolle für die bundesdeutsche Angebotsstruktur. Offenkundig liegt eine Verselbstständigung von Bedürfnissen vor, deren Ausgangsmotive vergessen wurden.
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Türken kaufen auch anders als Kartoffeldeutsche ein, d.h. mit mehr Konfusion und dafür mit weniger Kohärenz. Ihre Unschlüssigkeit erinnert an ein Nachdenken, das nicht bei beginnender Klarheit beginnt und in einem klaren Entschluss endet. Es fängt mit großer Unklarheit an und legt lediglich eine relative Strecke von innerer Ungeordnetheit zu wohltemperierter Unklarheit zurück.
Im türkischen Supermarkt kann man also Menschen beim Nachdenken zusehen. Genauer handelt es sich um eine räumliche Ausdehnung einer denkerischen Atmosphäre, die keine Reflexion ist, in der sich eine Idee langsam findet, reift und zum Ausdruck kommt. Die Konfusion lichtet sich nur, ohne zum Durchbruch zum kommen.
In Reinkultur lässt sich diese türkische Denkbewegung im türkischen Café beobachten, wo man durch die Nähe von unschlüssigen Türken selber in Unschlüssigkeit versinken kann. Es ist kein Grübeln, kein Martern des Gehirns, sondern eher eine Lebenshaltung, ein Innehalten jenseits von Meditation und Reflexion.
Sebastian Knöpker